Barrierefreie Websites werden zur Pflicht: Die 15 wichtigsten Anforderungen

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Webdesigner Marcel sieht zu einem Kollegen mit dem er sich über ein WordPress Projekt unterhält.

Autor

Marcel Pietsch

Die Bedeutung von Barrierefreiheit

Die digitale Barrierefreiheit rückt zunehmend in den Fokus, da die EU mit dem European Accessibility Act (EAA) einheitliche Richtlinien für alle Mitgliedstaaten einführt. Ziel ist es, allen Menschen, einschließlich Personen mit Behinderungen, einen gleichwertigen Zugang zu digitalen Dienstleistungen zu ermöglichen und somit mehr Teilhabe und Inklusion im digitalen Raum zu schaffen. Die Umsetzung dieser Richtlinien wird ab 2025 zur Pflicht für zahlreiche Unternehmen und Organisationen.

Überblick über den European Accessibility Act

Der European Accessibility Act ist eine EU-weite Richtlinie, die sicherstellen soll, dass digitale Inhalte und Dienstleistungen barrierefrei zugänglich sind. Ab 2025 gilt diese Verpflichtung für eine Vielzahl von digitalen Angeboten, von Websites über Apps bis hin zu Online-Dienstleistungen, und legt Standards für die Zugänglichkeit fest. Dies umfasst allgemeine Anforderungen an Navigation, Inhalte und technische Funktionen, um eine umfassende Zugänglichkeit zu gewährleisten.

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz als nationale Umsetzung

In Deutschland wird der EAA durch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) umgesetzt. Dieses Gesetz verpflichtet Unternehmen im B2C-Sektor, ihre Websites und digitalen Services so zu gestalten, dass sie auch für Menschen mit Behinderungen ohne Einschränkungen zugänglich sind. Das BFSG bietet dabei konkrete Leitlinien, die Unternehmen ab Mitte 2025 verpflichtend umsetzen müssen. Unternehmen haben dadurch die Chance, nicht nur gesetzliche Anforderungen zu erfüllen, sondern auch das Kundenerlebnis für alle zu verbessern.

Betroffene Branchen und Unternehmensarten

Von den neuen Barrierefreiheitsanforderungen sind vor allem Unternehmen betroffen, die digitale Dienstleistungen für Verbraucher (B2C) anbieten, beispielsweise E-Commerce-Plattformen, Banken, Telekommunikationsanbieter und Medienhäuser. Kleinstunternehmen sind von diesen Vorschriften zwar ausgenommen, aber für viele größere Organisationen und Firmen wird eine barrierefreie Gestaltung ab 2025 zur Pflicht. Dies bedeutet insbesondere für die Website-Gestaltung, dass digitale Barrieren abgebaut und Inhalte inklusiver gestaltet werden müssen.

Technische Standards für Barrierefreiheit

Der European Accessibility Act orientiert sich stark an den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG), die internationale Standards für barrierefreie Inhalte vorgeben. Diese Richtlinien definieren konkrete Maßnahmen, wie Websites und Apps gestaltet werden müssen, um für Menschen mit verschiedenen Behinderungen zugänglich zu sein. Zu den grundlegenden Anforderungen gehören visuelle Kontraste, alternative Texte für Bilder und eine Navigation, die ohne Mausbedienung auskommt. In Deutschland konkretisiert die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV) diese Anforderungen für den nationalen Kontext.

Wichtige Maßnahmen zur Umsetzung der Barrierefreiheit

Unternehmen müssen verschiedene Maßnahmen ergreifen, um ihre digitalen Angebote barrierefrei zu gestalten. Dazu gehören die Optimierung von Farbkontrasten, das Bereitstellen von Textalternativen für visuelle Inhalte und die Sicherstellung, dass alle Funktionen per Tastatur und Screenreader bedienbar sind. Eine Erklärung zur Barrierefreiheit auf der Website ist ebenfalls Pflicht. Sie zeigt transparent auf, welche Maßnahmen ergriffen wurden und informiert über bestehende Einschränkungen. Diese Schritte helfen nicht nur den Nutzern, sondern sichern auch rechtliche Compliance.

Die 15 wichtigsten Barrierefreiheits-Maßnahmen für Websites im Überblick

  • Kontrast und Farbgestaltung: Inhalte sollten hohe Kontraste aufweisen, damit Texte auch für Menschen mit Sehbehinderungen gut lesbar sind. Dunkler Text auf hellem Hintergrund ist ideal, und Farben sollten für Farbschwache unterscheidbar sein.
  • Alternativtexte für Bilder: Jedes Bild benötigt eine kurze, prägnante Beschreibung (Alt-Text), die den Inhalt des Bildes wiedergibt. Das hilft Screenreadern, Bilder verständlich zu machen, sodass blinde oder sehbehinderte Nutzer erfahren, was dargestellt wird.
  • Einfache Bedienbarkeit per Tastatur: Alle Funktionen der Website müssen ohne Maus nutzbar sein, z. B. durch Tab-Tasten-Navigation. Dies erleichtert die Nutzung für Menschen, die keine Maus verwenden können.
  • Lesbare Texte und klare Struktur: Die Texte sollten einfach und klar formuliert sein. Auch die Struktur der Inhalte (Überschriften, Absätze, Listen) sollte klar gegliedert sein, um Orientierung zu erleichtern.
  • Textgröße und Zoomfunktion: Websites müssen es Nutzern erlauben, die Textgröße ohne Verluste in der Funktionalität zu vergrößern. Dies hilft Menschen mit Sehbeeinträchtigungen.
  • Video- und Audiotranskripte: Bei Videos und Audioinhalten sollten Untertitel oder Transkripte bereitgestellt werden. Diese ermöglichen gehörlosen oder schwerhörigen Nutzern, den Inhalt ebenfalls zu erfassen.
  • Links und Bedienelemente mit sprechenden Bezeichnungen: Links und Schaltflächen sollten so beschriftet sein, dass sie ihren Zweck beschreiben (z. B. „Mehr erfahren über Barrierefreiheit“ statt „Hier klicken“). So wissen Nutzer sofort, was sie erwartet.
  • Zeitliche Flexibilität für Interaktionen: Interaktive Elemente, wie Formulare oder Pop-ups, sollten ausreichend Zeit bieten, damit auch langsamer arbeitende Nutzer die Inhalte vollständig erfassen und bedienen können.
  • Barrierefreiheits-Erklärung: Eine Seite zur Barrierefreiheit informiert über den Stand der Zugänglichkeit, Maßnahmen, Kontaktmöglichkeiten bei Problemen und Bereiche, die eventuell noch nicht barrierefrei sind. Dies fördert Transparenz und zeigt den Einsatz für Inklusion.
  • ARIA-Labels (Accessible Rich Internet Applications): Diese Labels machen komplexe Elemente für Screenreader verständlich, indem sie den Nutzern anzeigen, was ein Button, ein Menüpunkt oder ein Formularfeld bewirkt.
  • Fehlermeldungen und Validierungen in Formularen: Jedes Formular sollte klare und zugängliche Fehlermeldungen bieten, die für Screenreader lesbar sind. Außerdem hilft eine Echtzeitüberprüfung (Live Validation) Nutzern, Eingabefehler direkt zu erkennen und zu korrigieren.
  • Fokus-Indikatoren: Sichtbare Fokusrahmen um aktive Elemente (z. B. Formulare oder Links) geben den Nutzern Rückmeldung, welches Element aktuell ausgewählt ist – besonders wichtig für Tastaturnavigation.
  • Sprache und Lesereihenfolge festlegen: Die Hauptsprache der Website sollte über HTML-Tags festgelegt werden, um Screenreadern den Text korrekt vorzulesen. Ebenso wichtig ist eine logische Lesereihenfolge, die dem Seitenaufbau folgt, damit Screenreader den Inhalt flüssig vorlesen können.
  • Verzicht auf blinkende oder automatisch ablaufende Inhalte: Bewegte oder blinkende Inhalte können für einige Nutzer störend oder sogar gesundheitsschädlich sein. Deshalb sollten alle Animationen deaktivierbar sein, und automatische Abläufe, z. B. Slider, sollten pausierbar sein.

Unterstützung benötigt?

Die Umsetzung aller Maßnahmen für barrierefreie Websites erfordert fachliches und technisches Know-how. Wir unterstützen euch gerne bei der Anpassung eurer Website.

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Strafen und Sanktionen bei Nichteinhaltung

Die Nichteinhaltung der Vorgaben kann hohe Strafen nach sich ziehen, da die EU und die Mitgliedstaaten strikte Durchsetzungsmechanismen geplant haben. In Deutschland können Verstöße gegen das BFSG mit Bußgeldern von bis zu 100.000 Euro belegt werden. Diese Sanktionen sollen sicherstellen, dass Unternehmen die Umsetzung ernst nehmen und ihre digitalen Angebote rechtzeitig und nachhaltig an die neuen Standards anpassen.

Fazit: Frühzeitige Anpassungen als Wettbewerbsvorteil

Die Umstellung auf barrierefreie Websites und digitale Dienste ist nicht nur eine gesetzliche Pflicht, sondern bietet Unternehmen auch die Möglichkeit, sich als inklusive Marke zu positionieren. Durch frühzeitige Anpassungen profitieren sie von einer erweiterten Reichweite und einem positiven Image, da barrierefreie Inhalte einen größeren Nutzerkreis ansprechen und den Zugang zu Produkten und Dienstleistungen für alle verbessern. Unternehmen, die jetzt handeln, können sich zudem rechtzeitig auf die neuen Standards einstellen und dadurch mögliche Strafen vermeiden.

Hinweis: Die hier zusammengestellten Informationen beruhen auf sorgfältiger Recherche und unserem besten Wissen. Wir übernehmen jedoch keine Haftung für die Vollständigkeit und Richtigkeit.

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